Veröffentlicht am: 24. Dezember 2025

Spätestens Anfang Dezember predige ich mir mantramäßig, in der Weihnachtszeit mit weniger Perfektionismus und ohne Druckgefühl in Kopf und Bauch auskommen zu wollen.
Der Hang zur Traditionspflege, meine selbstauferlegte Pflicht zur Fortführung gesellschaftlicher Konventionen und das Bedürfnis, Lieblingsmenschen möglichst kreativ zu beschenken, ließ mich in den letzten zwanzig Jahren ausnahmslos in die Überforderungsfalle tappen.
Mittlerweile gelingt es mir, die „Zeit der Liebe, Lichter und Magie“ bewusster und entspannter zu genießen.
Nein, es liegt kaum daran, dass meine fast erwachsenen Söhne zunehmend eigene Wege gehen und weniger zuhause sind. Und Geschenke liegen auch diesmal wieder unter dem Christbaum.
Was ist also in diesem Jahr anders?
Ich habe …
Das Jahr 2025 war aufwühlend.
Ich durfte wunderbare Lebensfortschritte begleiten - als Kunsttherapeutin, Lehrerin und Mama - unvergessliche Bilder von fremden Orten kennenlernen, unbändige emotionale Lebendigkeit beim Tanzen, Malen, Singen und auf dem Fahrrad erfahren.
Doch insgesamt gab es viel Herausforderndes, vor allem innerhalb meiner (Ursprungs-)Familie und in mir selbst.
Dazu die angespannte Weltlage, die mich oft so ohnmächtig fühlen lässt.
Viele meiner Klienten, besonders die jugendlichen Patchwork-Kinder, haben mein Inneres berührt und mich Neues gelehrt.
Zum Beispiel, wie wichtig es ist, dass Eltern ihre Themen besser in der Erwachsenenblase belassen, ihren eignen Schmerz, den Frust über das Verhalten der (Ex-)Partner, den Streit, wo und mit dem das Kind die Weihnachtstage verbringt. Ich würde mir wünschen, dass Eltern hier achtsamer sind und ihre Kinder nicht in diesen Loyalitätskonflikt bringen. Denn für sie zählt vor allem die Liebe – gegenüber BEIDEN Elternteilen.
Das bedeutet nicht, zwangsläufig alle Beteiligten an einen Tisch zu zwingen, sondern eine kluge Lösung zu finden, in der sich alle möglichst wohl und sicher fühlen dürfen.
Dennoch: An einem respektablen Zusammensein – dazu gehört vielleicht auch das Ausklammern heikler Themen - dürfen auch wir Erwachsenen reifen und dabei unseren Kindern und den Verwandten gegenseitige Toleranz beispielhaft vorleben. Denn, ob es uns zwischen Kartoffelsalat und Tiramisu auffällt oder nicht: LIEBE ist als Energie allgegenwärtig und das darf auch nach den Feiertagen noch Bestand haben und uns Halt geben.
Wenige Stunden vor Heilig Abend gehe ich wieder einmal meine WÜNSCHE durch, die jedes Jahr weiter weg von dem sind, was unter dem Christbaum liegen und ausgepackt werden kann:
Ganz oben steht: FRIEDEN, im außen und auch in meinem Inneren.
Darauf folgt: noch mehr Zeit und Gespräche mit meinen Eltern (die - beide über 85 - seit ihrer Scheidung vor mehr als fünfzig Jahren gesittet und voller Wertschätzung an einem Tisch sitzen können), Spaziergänge und Radtouren mit meinem Mann, harmonische Momente mit meinen Kindern, ein gesunder und beweglicher Körper, Reisen, der tiefgehende Austausch mit Freunden, Raum für tiefe Gefühle (ja, auch die unangenehmen!), ein achtsames Miteinander, ganz viel gemeinsames Lachen, und vor allem spürbare LIEBE.
Da ist nichts dabei, wofür es sich lohnt, mit glühender Stirn durch überfüllte Kaufhäuser voller Chinaprodukte zu laufen.
Wenn ich mich in meinem Bekanntenkreis umhöre, ist jedoch genau dies die Realität in Familien: Viele ächzen sich durch die mit Emotionen und Konsum überfrachteten Weihnachtstage und ersehnen sich heimlich die Zeit danach.
Als wäre Weihnachten – begleitet von dem Verlust der christlichen Bedeutung – ein Ballast?
Und wie oft hetzen wir auch unter dem Jahr durch Phasen besonderer Anlässe, die eigentlich als FEST-Tage gewollt waren? Wie auf einer Landstraße, auf der wir wie ferngesteuert an seltenen Sonnenfarbspielen oder magischen Baumkunstwerken vorbeirasen, die wir vor lauter Vorhaben gar nicht wahrnehmen können? Dabei hätte es so viele Vorteile, für ein paar wenige Minuten auf dem Standstreifen anzuhalten (oder sich in einen Sessel zu setzen) und bewusst in den Körper zu gehen, auf der Suche nach etwas Wichtigerem, den Duft eines Kaffees zu inhalieren, die Wärme einer Teetasse in den Händen zu spüren oder den Zimtgeschmack eines Kuchens geschmacklich herauszufiltern.
Vielleicht gelingt es dir dieses Jahr ebenfalls, die Weihnachtstage und alle folgenden Feiertage im neuen Jahr bewusster und gelassener zu gestalten?
Ich wünsche dir das Beste und einen guten Übergang in ein gesundes Jahr.
Von Herzen, Renate
Bildquelle: Pexels